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Pfingstreise 2017 Kampfwandern

5. Juni 2017
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Text von Vijay Sahdeva

Jedes Jahr geht es für gewillte Bohèmes über Pfingsten auf eine kleine Reise. Dieses Mal jedoch war es ein wenig anders, ging es doch in den wunderbaren Naturpark Gantrisch

, wo wir die meiste Zeit draussen beim Wandern und E-Bike Fahren verbringen würden und keine wirklichen alternativen als Schlechtwetter-Programm vorhanden wären.

So begann die Pfingstreise im Prinzip schon eine Woche vor Pfingsten mit intensivem Studium von Wetterprognosen. Egal ob bekannt, unbekannt, lokal, global, seriös oder dubios, alles, was man irgendwie in die Finger kriegte, wurde zu Rate gezogen und im Chat geteilt. Leider waren die Vorhersagen alles andere als gut. Immerhin kennt man sich als Bohème mit diesem Wetter besonders gut aus, zumindest wenn man das letzte Jahr einmal mit dem Wasserkleid unterwegs war. Ich frage mich, ob jemand vor hatte, sein Kleid mitzunehmen und so diese düsteren Prognosen verursachte.

Nichts desto trotz ging es am Samstag los und der Grossteil traf sich bereits in Olten am Bahnhof zu früher Stunde. Spätestens da war auch schon klar, dass sich entgegen aller Prognosen das Wetter von seiner schönsten Seite zeigte. In Burgistein gesellten sich dann auch unsere Organisatorin Ramona und ein paar andere, die aus anderen Regionen angereist waren, zu uns.

Die erste Etappe konnte man entweder zu Fuss oder auf einem E-Bike in Angriff nehmen. So teilten wir uns auf und da ich selber in der E-Bike Gruppe war, kann ich euch leider nicht berichten, wie die Wanderung war (vermutlich anstrengend). Nachdem jeder ein Bike und einen passenden Helm gefunden hatte, wurde der arme Vermieter auch schon mit Fragen über die Eigenheiten und Limiten solcher E-Bikes gelöchert. Schliesslich wollte jeder bis zum Ziel mit Akku-Unterstützung unterwegs sein.

Als es dann das erste Mal richtig zu Berg ging, stellten die Meisten fest, dass es eigentlich recht locker geht. Wie gesagt, die Meisten, denn TB (den ich für den Rest des Berichts nur noch als «Pechvogel des Wochenendes» bezeichnen werde) hatte scheinbar das faule Ei unter den E-Bikes erwischt und ist beim Aufstieg nur knapp einem Herzinfarkt entronnen. Auf halbem Weg und einer kleinen Stärkung übernahm dann Fasi dieses Bike, was sie vermutlich im Nachhinein bereute.

Oben angekommen, wurden wir dann von einem «Schwarzfahrer» mit dem Postauto zur wohlverdienten Mittagspause gefahren. Im Postauto trafen wir dann auch wieder auf die Wandergruppe. Nach dem Mittag stand dann eine ca. 5-minütige Wanderung, die glücklicherweise nur geradeaus gehen sollte, auf dem Programm. Wie sich herausstellte, ist geradeaus ein ziemlich dehnbarer Begriff, es ging von steil aufwärts bis zu steil abwärts alles, nur nicht geradeaus und die 5 Minuten haben sich auch als viiiiieeeel länger erwiesen. So waren wir doch recht erschöpft, als wir in unserem Ziel im Hotel für die erste Übernachtung ankamen. Gerade noch rechtzeitig, denn kurz nach unserer Ankunft sah es draussen so aus:

Der «Pechvogel des Wochenendes» und ein paar weiter Unglücksraben waren allerdings in einem Haus ein paar hundert Meter weiter untergebracht, die nun kaum mehr trocken zu bewältigen waren. Als auch sie in ihren Zimmern ankamen, freuten sie sich besonders auf ihre wohlverdiente warme Dusche, zu welcher die Meisten dann auch kamen. Ja, ihr ahnt es bereits, die Meisten heisst so viel, wie der «Pechvogel des Wochenendes» hatte als Einziger kein warmes Wasser und musste sich mit Wassertemperaturen zwischen eisig kalt und sehr kalt begnügen.

Ein kleines Highlight dieser Unterkunft war der «Massenschlag», der sich als kuscheliges Familienzimmer herausstellte und in dem jede Nische zu kleinen Schlafkojen umfunktioniert wurde. Sogar ein Schrank wurde kurzerhand zu einem Doppelbett und sorge dafür, dass für eine Nacht gleich zwei Harry Potters in der Bohème waren.

Übrigens, beim Znacht wurden wiederum einige Wetterprognosen studiert und siehe da, für Sonntag war sie bereits um einiges besser und es sollte allenfalls am Nachmittag zu kleinen Schauern kommen. Erste Hoffnungen, dass wir es sogar trocken durch dieses Wochenende schaffen könnten. Um dies vornweg zu nehmen, es sollte anders kommen…

Am Sonntag war am Vormittag der Besuch des Gäggerstegs geplant. Dazu sollten wir uns zuerst mit einem Guide an der Langlaufhütte treffen. Richtig, Langlauf, was man normalerweise in mehr oder weniger flachen Gefilden betreibt. Aber wir hatten ja bereits gelernt, dass dort eigentlich alles nur geradeaus geht, weshalb eine Langlaufhütte dort oben auch völlig logisch erschien.

Nach ca. 5 Minuten sind wir dort angekommen und trafen auf Fritz, den Förster (unser Guide). Er begleitete uns nicht nur den Rest des Vormittages, sondern hielt auch immer wieder kurze und informative Vorträge über die «Boeme» und «Tierleni» der Region. Wir lernten unter anderem, dass auf dem sauren Boden die häufigsten «Boemearten» Fichten, Vogelbeeren, Weisstannen, Fichten, Ahorn und Heidelbeeren sind, oh und hab ich Fichten bereits erwähnt? Wir habe eine Menge Fichten in den ungefähr 5 Minuten auf dem Gäggersteg gesehen.

In dieser Zeit wurde allerdings auch das Wetter zusehends schlechter und schliesslich hat es am Ende des Gäggerstegs auch wirklich geregnet. Uns wurden von Fritz zwei Optionen aufgezeigt, um zu unseren Taxis, die uns nach Schwarzsee bringen sollten, zu kommen. Erstere sollte in etwa 5 Minuten geradeaus gehen. Die zweite Option war noch den Umweg über die Pfyffe zu machen, was etwas länger als 5 Minuten gehen sollte und es auch «etwas stozzig ueche» geht. Bei diesem Wetter war die Entscheidung schnell zu Gunsten der zweiten Option gefallen und so zweifelte ich das erste Mal an dieser Reise an der Zurechnungsfähigkeit einiger Bohèmes.

An einem Aussichtspunkt auf halbem Weg spielte sich dann folgende Szene ab: Wir versammelten uns an einer Holzbank und Fritz begann zu beschreiben, wie schön es hier wäre, wenn das Wetter gut wäre und die Alprosen blühen würden usw. Das erste Bild soll euch zeigen, was uns genau beschrieben wurde (es ist im Übrigen genau von der Stelle an der wir damals standen). Das zweite Bild zeigt, was wir zu diesem Zeitpunkt effektiv zu sehen bekamen. Mehr oder weniger dasselbe passierte dann kurze Zeit später auf dem Gipfel, was in Bilder drei und vier veranschaulicht wird. Wenn ihr also in Zukunft einen Bohème sagen hört, «Es wär do schön, wenns schön wär.» stammt das von dieser Wanderung. Die restlichen gefühlten 5 Minuten ging es dann tatsächlich geradeaus zurück zur Langlaufhütte zu den Taxis.

Nach der Fahrt nach Schwarzensee ins wirklich schöne Hotel Seeblick, einem feinen Zmittag und wieder in trockenen Kleidern, besserte sich dann das Wetter, was uns veranlasste, eine spontane Wanderung um den See zu machen. Zum ersten Mal konnten wir auch eines der Seltenen «Tierleni» der Region zu bestaunen, einen Drachen:

Beim Znacht erzählte uns Ramona von ihrer Arbeit beim Naturpark. Ich werde nicht auf die Details eingehen und bin sicher, sie wird euch das gerne erzählen, wenn ihr sie fragt. Aber einen kleinen Ausschnitt möchte ich an der Stelle dennoch erwähnen. Sie erzählte von Gemeindeversammlungen, an denen auch völlig unsinnige Vorschläge an die Naturpark Organisation herangetragen werden. Das gewählte Beispiel für einen besonders unsinnigen Vorschlag war, dass man doch sämtliche Höfe der Region schön mit ihrem Namen beschriften sollte.

Ausserdem wurde das Programm des letzten Tages unserer Reise angesprochen. Geplant war eine Fahrt mit dem Sessellift bis etwa auf die halbe Höhe des Berges, dann eine Wanderung zur Alpkäserei Gantrischli auf der anderen Seite, wo es ein Apéro geben sollte. Der Plan brachte jedoch ein Problem mit sich. Der Hund von Lisi (er hatte dieses Wochenende schon viele verschiedene Namen Doa, Zottel, Zundi…) musste auch irgendwie auf den Berg. Zum Glück meldete sich Mäsu freiwillig, um mit ihm nach oben zu laufen. Fünf weitere, besonders verrückte, konnten sich vorstellen, ebenfalls mit Mäsu mit zu gehen, wollten aber erst das Wetter am Montag abwarten.

Zuwider jeglicher Wahrscheinlichkeit war das Wetter am Montag noch schlechter als den Rest des Wochenendes, was die Unschlüssigen vollends davon überzeugte, den ersten Abschnitt mit Mäsu zu laufen. Wir anderen erlebten dafür eine Sesselliftfahrt in das innere einer Regenwolke.

In der Nähe des Gipfels waren die beiden Gruppen dann wieder vereint und wir lernten, dass es im Innern der Regenwolke offensichtlich weniger regnet als darunter. Auf dem letzten Teil des Weges war es dann sogar wieder trocken und schon bald war unser Ziel erreicht.

Spontan kam es vor der Käserei zu einem kollektiven Striptease, um wieder trockene Kleider an zu haben. Schliesslich bestand der Rest des Programms aus dem Apéro und der Heimfahrt, nichts wobei man nochmal hätte nass werden können. Nachdem wir es uns im Innern gemütlich gemacht haben und die ersten Biere bestellt waren, stellte sich aber heraus, dass wir uns gar nicht in einer Käserei befanden und da auch niemand etwas von einem Apéro wusste. Wir waren beim falschen Hof und mussten in Wirklichkeit noch etwa 5 Minuten weiter zur Alpkäserei. Man merke, das wäre uns niemals passiert, wenn jeder Hof schön beschriftet wäre.

Schliesslich am richtigen Ort, kamen wir dann doch noch zur wohl verdienten Stärkung und viel Käse, besonders zur Freude des «Pechvogels des Wochendes». Wer jetzt denkt, damit wäre genug des Pechs, der liegt aber falsch, denn auf der Zugfahrt zurück nach Olten musste er einem unberechenbaren Fahrrad ausweichen und zog sich auch noch eine Schürfung zu. Die Zugfahrt fand übrigens bei strahlendem Sonnenschein statt.

Zusammenfassend hatten wir aber an dem Wochenende, trotz des Wetters, sehr viel Spass und der Naturpark Gantrisch ist allemal ein Besuch wert. Besonders wenn man einmal die vermutlich flachsten Berge der Welt sehen will, erleben möchte, wie unterschiedlich lang 5 Minuten sein können oder man schlicht ein Fichten-Fan ist. Und eines steht fest: «Es wär dert schön, wenns schön wär».